Wochentraining "Zeichnen für Fortgeschrittene"

Gesichter und Köpfe! – Lektionen 11-15

Lektion 13: 20 schnelle Tuschegesichter

Materialliste

  • Zeichenpapier 20 Bogen Zeichenpapier – ca. Din A4 – geeignet für Tusche, glatt
  • Tusche: sepia, z.B. von Rohrer & Klinger
  • Tuschpinsel
  • Aquarellpinsel
  • Rohrfeder

Heute wollen wir einen Sprung wagen, in ein komplett neues Material. Es geht um Tusche, Rohrfeder und Pinsel.

Wir wollen die bislang erlernten Fähigkeiten in dieser Woche versuchen, etwas intuitiver und experimenteller anzuwenden. Die Wahrnehmung als solche lässt sich gut trainieren und man merkt, wie stetig man vorankommt.

Den intuitiven Teil muss man etwas länger trainieren, ohne oftmals besonders gute Ergebnisse vorweisen zu können. Fast scheint es etwas zufällig zu sein, wie gut Dinge werden oder nicht!

Da die einzelnen Zeichnungen zum einen wesentlich schneller von der Hand gehen werden als eine Bleistiftzeichnung, zum anderen wir aber auch möglichst viele Ansätze brauchen, um diese Art der Zeichnung zu vertiefen, werden wir in dieser Übung gleich 20 Zeichnungen machen.

Dazu brauchst Du 20 Portraits. Dabei ist es nicht so wichtig, besondere oder besonders ausdrucksstarke Portraits als Vorlage zu haben, sondern wir können mit einer gewissen Zufälligkeit die Portraits aussuchen.

Als Beispiel: Nimm Dir eine beliebige Zeitschrift und schneide die ersten 20 Portraits aus, die Dir in die Hände fallen. Sie sollten nicht zuuu winzig sein, aber im Grunde genommen ist „alles“ möglich.

Ein paar Worte zum Material:

1. Tusche

Tusche ist eine sehr pigmentstarke Flüssigkeit, wunderbar für Zeichnungen, die sehr dunkel oder dicht sein sollen. In dieser Übung tragen wir die Tusche mit der Rohrfeder und/oder dem Tuschepinsel und/oder dem Aquarellpinsel auf. Mit diesen Materialien können wir relativ rasch und spontan arbeiten. Anders wäre es mit einer normalen Zeichenfeder, die eine tendenziell feine Spitze hat. Diese würde wiederum sehr viel Zeit erfordern, insbesondere wenn man mit der Zeichenfeder auch Flächen schraffieren möchte.

2. Rohrfeder

Eine Rohrfeder ist eine spitze Feder aus Bambus (siehe Foto).

Rohrfeder

Abbildung: Rohrfeder

Die Linien sind nicht so berechenbar. Sie haben eine gewisse Eigenwilligkeit, es kann auch schon mal tropfen. Allerdings ist es wichtig, dass Du mit der Feder solange zeichnest, bis wirklich gar nichts mehr herauskommt. Denn nur dann erreichst Du eine große Variationsbreite in der Liniendicke.

Weiterhin ist es wichtig, die Linien schwungvoll zu setzen, nicht klein zu stückeln und vor allem nicht nachzuziehen. Eine Linie, die gesetzt ist, ist gesetzt. Reicht sie nicht aus, setze eher eine neue etwas versetzt. Mache, bevor es losgeht, ein paar Tests.

3. Aquarellpinsel

Der Aquarellpinsel hat die wunderbare Eigenart, viel Flüssigkeit aufnehmen und selbst dickere Aquarellpinsel können eine sehr feine Spitze formen. Das bedeutet, mit dem Aquarellpinsel lassen sich auch wunderbare feine Linien ziehen und gleichzeitig auch direkt Flächen setzen.

4. Tuschpinsel

Der Tuschpinsel hat ganz ähnliche Eigenschaften, ist aber an sich nicht so fest, sondern wesentlich weicher. Bei beiden Pinseln solltest Du, wenn Du sie zum ersten Mal verwendest, einige Tests machen.

In einem kleinen Video zur Übung, siehst Du Beispiele.

“Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben“

Pablo Picasso

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Heute wird es rasant!

Eigentlich wird es gar nicht rasant, sondern die Arbeitsweise bringt Dich einfach schneller zu einem Ergebnis. Du musst trotzdem genau schauen und teilweise äußerst gezielt arbeiten.

Wir werden 20 Arbeiten machen, diese 20 Arbeiten allerdings in 4 verschiedene Aufgaben aufteilen. Pro Aufgabe machst Du also 5 Zeichnungen – wenn Du Lust hast und Dir die Technik Spaß macht, auch gerne mehr!

Aufgabenstellung 1: Skizze Rohrfeder

Die erste Aufgabenstellung besteht nur aus einem einzigen Schritt. Mache einfach eine Skizze mit der Rohrfeder auf einem DinA4 Blatt und berücksichtige dabei folgende Punkte:

  • Tunke die Rohrfeder in die Tusche, zeichne sie „zu Ende“ und tunke sie dann erst erneut in die Tusche. So erhälst Du eine Vielzahl von unterschiedlichen Linienstärken.
  • Die Feder ist ein wenig störisch, sie macht nicht immer das, was man will. Lass sie ruhig machen. Versuche trotzdem, einigermaßen gezielt zu Deinem Portrait zu kommen.o Arbeite unüblicherweise mit der Rohrfeder relativ kontrolliert, trotzdem spiele ein wenig. Du musst kaum aufdrücken, der Kontakt mit dem Papier reicht schon. Da wo die Realität nicht so wichtig ist, spiele ein bisschen mehr. Hier darf und soll die Linie tendenziell ein bisschen ausbrechen.
  • Arbeite recht groß
  • Ziehe keine gesetzte Linie nach. Die Linien, die gesetzt sind, bleiben immer stehen. Um sie zu verstärken oder zu korrigieren, setze immer eine neue Linie, versetzt oder mit einer leicht neuen Form.
  • Versuche jede Linie zu „leben“. Das hört sich etwas pathetisch und abstrakt an, trifft aber am ehesten den Punkt.
  • Nun starte einfach genieße es und mache mindestens 5 Zeichnungen, gerne auch mehr.

Zeit: solange es dauert


Aufgabenstellung 2: Skizze Rohrfeder + Tuschepinsel

Die zweite Aufgabenstellung fängt jeweils genau so an, wie die erste Aufgabenstellung. Nun kommt allerdings noch der Tuschpinsel im Anschluss dazu.

Mit dem Tuschpinsel versuche, vorsichtig alle dunklen Stellen zu setzen. Je nachdem wie stark Du den Pinsel dabei aufdrückst, beeinflusst Du die Stärke oder Dicke der Fläche die Du setzt. Das fängt an bei der dickeren Linie bis hin zu einer schon recht breiten Fläche. (siehe auch entsprechendes Video.)

Setze also alle dunklen Stellen aber ggf. auch alle mitteldunklen Stellen. Am Ende machst Du eine Tontrennung. Das heißt, Dir liegt eine Vorlage vor, mit vielen Zwischentönen, die Du umwandelst in ein Gefüge aus ausschließlich hell und dunkel. Du musst am Ende, meistens intuitiv, entscheiden, was wird alles dunkel.

Um hier ein Mindestmaß an Sicherheit bekommen zu können, bedarf es so einiger Trainingseinheiten. Erwarte in dieser einen Aufgabe noch nicht, dass alles funktioniert. Mach es eher so, dass Du viel mehr übst, als nur in 5 Zeichnungen, sofern Dir die Technik Spaß macht!

Zeit: solange es dauert


Aufgabenstellung 3: Skizze Tuschpinsel

In der dritten Aufgabe geht es darum, nur noch mit dem Tuschpinsel zu arbeiten, also sowohl den linearen Anfangspart, als auch den flächigeren Restpart.

Wenn es um lineare Spuren geht, ist der Pinsel allerdings viel schwerer zu führen. Anfangs werden die Linien wahrscheinlich tendenziell dick. Das ist auch völlig in Ordnung. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, wie man zu den feineren Linien kommt. Im Grunde muss man genau den Punkt erwischen, wo die Pinselspitze so gerade das Papier berührt. Auch das erfordert Training.

Also habe Geduld mit Dir.

Zeit: solange es dauert


Aufgabenstellung 4: Skizze Aquarellpinsel

Wiederhole die Aufgabenstellung 3 mit einem Aquarellpinsel. Der Aquarellpinsel ist in der Regel etwas härter und damit verändert sich das „Handling“ etwas.

Versuche Dich an die Umstellung zu gewöhnen, es ist ein gutes Training. Du wirst auch sehen, dass die Spuren etwas anders aussehen werden.

Ich bin gespannt, wie Du den Unterschied wahrnimmst. Wieder 5 Blätter, gerne mehr.

Zeit: solange es dauert


 Und wieder hast Du eine ziemliche Herausforderung gemeistert!

 Wie sehen sie aus, die 20 Portraits?

Wie gesagt, diese Technik ist nur dann von dauerhaftem Spaß und Erfolg gekrönt, wenn Du Dir Geduld gönnst und immer wieder neu trainierst und übst. Am Ende macht es sogar Spaß, wenn man sich einmal an diese Freiheit und Unperfektheit gewöhnt. Also genieße weitere Versuche und fühl Dich frei, nichts zu erwarten.

Hier sind Deine Reflektionsfragen zur Übung, hier kannst Du unserem kleinen Ritual folgen:

Stephan

Reflektion

1. Wie hat die Technik für Dich funktioniert? Gab es irgendwelche Probleme? Was hat nicht geklappt und was denkst Du, warum?

2. Versuche die Arbeiten drei Gruppen zuzuordnen!

  • Gruppe eins: sehr gelungen!
  • Gruppe zwei: durchaus akzeptabel!
  • Gruppe drei: interessant!

Warum hast Du die Arbeiten so zugeordnet?

3. Welche Arbeit ist Dein Favorit?

Wunderbar!

Wir freuen uns sehr, dass Du Dich auch neuen Techniken stellst und durchaus schwere Aufgaben angehst. Am Ende werden all die Erfahrungen, die Du hier machst, all die Ansätze, Deine Fähigkeiten stärken und immer umfassender werden lassen.

Dessen gewiss wünschen wir Dir eine äußerst wunderbare Woche!

Sei herzlich gegrüßt,

Dein HOWDOYOUKUNST-Team!

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